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Bin soeben im Netto einkaufen gewesen. Ich lege alles aufs Band, meine Tochter sitzt ein bisschen müde im Einkaufswagen und ich trete an die Kasse. Dabei bittet mich die Kassiererin meine Tochter mal aufstehen zu lassen, damit sie sehen kann ob ich nicht vielleicht noch etwas im Wagen habe.
Ich bin ordentlich gekleidet. Violettes Hemd, braune Stoffhose und Turnschuhe. Meine Frisur ist frisch am Samstag geschnipselt worden und ich bin rasiert. Es ist 10 Uhr Morgens an einem Montag und um mich herum kaufen völlig normale Leute an einem völlig normalen Ort ein, also keine Bronx oder sowas.
Es ist nicht neu dass mir so etwas passiert und ich reagiere mit Kind doch etwas sensibler, denn zumeist wird dabei mit Freundlichkeit in den Augen und im Auftreten reagiert. Ein Kind macht zumeist einiges leichter, offener und freundlicher in der Öffentlichkeit, zumindest ist dies meine Erfahrung. Vor allem wenn ein Kind, so herzhaft Jeden anlächelt, wie es meine Tochter permanent tut.
Dieser Moment kotzte mich jedoch an. Mein müdes Kind hochzuheben, weil die Kassiererin sicher gehen will oder muss, ob nicht etwas geklaut wird. Dieser Moment und die Situation unter Generalverdacht zu stehen, geht mir mehr und mehr auf den Sack. Nicht nur das es tagtäglich in den Medien und in der Politik darum geht, mir erklären zu müssen, wie schlecht die Welt da draußen ist und dass man den Bürger davor schützen müsste. Nicht nur dass man mehr und mehr Sicherungssysteme installiert, damit bloß keine Flugzeuge entführt würden oder die Überflutung von Kinderpornos oder Pädophilen, die im Netz alle unsere Kinder suchen wollen und wahrscheinlich das auch der einzige Daseinsgrund für das Internet ist. Nicht nur dass alles geht mir sowas von auf den Sack.
Sie tut ja nur ihre Pflicht. Wir tun ja alle als Arbeitnehmer nur unsere Pflicht, oder besser, folgen den Anweisungen und Ideen, so wie Ideologien Anderer. Wäre ich verwatzt, dreckig und mistig, stünke nach Alkohol und wäre unrasiert oder in versifften Klamotten, dann würden wir das verstehen. Wäre es eine Zigeunerin oder türkisch fadenscheinig aussehende Frau mit vielen Taschen und Röcken und Jacken übereinander, da wäre das klar. Oder wäre es eine Gegend in der der sozial abgewrackteste Abschaum lebt und einkaufen geht, dann wäre uns das verständlich. An diese Bilder haben wir uns schon gewöhnt. Diese hat man uns beigebracht, damit sind wir aufgewachsen. Sie haben ihre Herleitungen und Begründungen, warum wir diese Bilder so wahrnehmen.
Verändert hat niemand etwas. Niemand hat an den Ursachen herumgeschraubt, damit es diese Menschen ändert und damit sich diese Bilder von diesen Menschen ändern. Man hat es hingenommen, ist damit aufgewachsen, groß geworden, es gehört dazu, es war schon immer da. Ich kann mich daran orientieren, es ist Teil meines Lebensraumes, der Gesellschaft, des Gestern, Heute, Morgen und das alleine ist schon zum kotzen, dass das alles so normal geworden ist, dass wir an sowas gewöhnt wurden und nun so sind.
Meine Kinder sollen nun damit aufwachsen, dass es normal wird, dass man nun jeden kontrolliert. Armut, Mittellosigkeit, ethnische Herkunft, Kleider die Leute machen, das ist alles vorbei. Das gibt es nicht mehr. Jetzt kann es jeder sein. Man sieht es den Leuten doch nicht mehr an. Sie lächeln und sehen normal aus, dabei klauen sie dir den Laden leer. Wir stellen uns gegenseitig unter Generalverdacht. Nicht mehr nur an Flughäfen und im Internet. An die Kameras überall haben wir uns gewöhnt. An den Generalverdacht, überall dort wo wir gehen und stehen, dann wohl bald auch, weil wir ja alle nur unsere Pflicht tun.
2 Kommentare
„ohne Ansehen der Person“ -wollten wir das nicht immer?
Sich kleiden kann jeder Depp. Die Kunst liegt in der Haltung, nicht im Anschein.
O, arme Mittelschicht, nun spürst Du, was Herrschaft ist – für Beherrschte.
Gewöhnt Euch dran dran, es ist die Frucht Eurer bequemen Nachlässigkeit.
Es ist die vornehmste Aufgabe der Justiz, ohne Ansehen der Person zu entscheiden.
Wir wollen keine Justiz an den Kassen sitzen haben und wo ist bei einem Einkauf bitteschön die Anklage.