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Wenn das Wort “Hassprediger” fällt, assoziiert man es in diesen Tagen mit dem Islam und Terrorismus, ob von Anwar al-Awlaki, Abu Hamza al-Masri bis Metin Kaplan, man scheint unweigerlich dort anzukommen. Bei Christen findet man ähnliches Verhalten nun unter dem Begriff “Fundamentalismus”. So findet man dies dort u.a. bei Terry Jones oder Gruppen wie die Evangelikalen oder die Kreationisten. Aber doch nicht beim katholischen Bischof Müller.
Die Pflichten jeden Redakteures oder Politikers ist es, nicht die Unwahrheit zu schreiben und eine Vielzahl von Anwälten ist damit beschäftigt, das Persönlichkeitsrecht gegenüber dem Recht auf freie Meinungsäußerung abzuwägen. Wenn die Tatsachen aus denen eine Meinung besteht nicht der Wahrheit entsprechen, sollte dies für den Kläger kein Problem darstellen, dies rechtlich einzufordern. Das im Bezug zu Predigten ein spezielles richterliches Urteil gefällt werden muss, scheint die Sonderrolle, in der sich die Kirche wohl sehen mag, zu unterstreichen. Das Verständnis, dass der demokratische Staat mit seinen Gesetzen über den Dogmen, Regeln oder Verhaltensrichtlinien von Vereinen, Glaubensrichtungen oder Clubs steht, ist heute den meisten Menschen bekannt und bewusst und auch eine Notwendigkeit im Zusammenleben. Leider hinkt der Staat seinen Ansprüchen hinterher und einige Vereine Nutzen diese “Schlupflöcher” um gegen die freiheitlichen Grundrechte, ihre, oft im Gegensatz dazu stehende Sichtweise, durchzusetzen. Ein Urteil vom 24. Februar 2011 gibt nun auch kirchlichen Institutionen nicht mehr das Recht zu predigen oder zu veröffentlichen was man will. Auch diese müssen sich nun an die Wahrheit halten.
Ein Abriss des Ablaufes hier:
Mit einem Buch „Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel“ begann nun 2008 ein Rechtsstreit bei dem Bischof Müller in einer Predigt u.a. den Autor Michael Schmidt-Salomon als Vertreter des “aggressiven Atheismus“ scharf kritisiert. Bischof Müller behauptet dort, dass man in dem Buch einen Rabbi, einen Bischof und einen muslimischen Gelehrten in Gestalt eines Schweins auftreten ließe.
Weiterhin verkündet Müller, dass Schmidt-Salomon Kindstötungen bei Berggorillas dazu heranzieht, um den Infantizid beim Menschen zu legitimieren (in Wahrheit jedoch benutzt Schmidt-Salomon das Beispiel, um zu zeigen, dass wir ethische Werte eben nicht unreflektiert aus der Natur ableiten dürfen, siehe „Manifest des evolutionären Humanismus“, S.94f., hier das vollständige Zitat) Als Krönung seiner „Kritik“ verweist Müller auf vermeintliche Parallelen zwischen Schmidt-Salomons Denkansatz und der Nazi-Diktatur (hier der entsprechende Auszug aus Müllers Originalpredigt vom 25.5.08)
Am 23. Juli wird der Rechtsstreit zwischen dem religionskritischen Philosophen und dem katholischen Bischof durch einen Artikel des Humanistischen Pressedienstes publik gemacht. Müller nimmt daraufhin den ursprünglichen Predigttext aus dem Netz und ersetzt ihn durch eine veränderte Version, der die schlimmsten Tatsachenverdrehungen korrigiert, inhaltlich jedoch keinen Sinn mehr macht, da Müllers Vorwürfe argumentativ nun völlig in der Luft hängen (hier der Auszug aus dem veränderten Predigttext). Trotz dieses indirekten Schuldeingeständnisses weigert sich Müller, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben, wobei er sich auf die Religionsfreiheit und seine besondere Stellung als Bischof der katholischen Kirche beruft. Michael Schmidt-Salomon reicht daraufhin am 14. August Klage beim Landegericht Aschaffenburg ein.
Am 23.09.2009 weist das Bayrische Verwaltungsgericht Regensburg die Unterlassungsklage gegen Bischof Müller ab, da angeblich keine „Wiederholungsgefahr“ bestehe. Michael Schmidt-Salomon geht in Berufung.
Presseberichte zum Prozess:
Keine Wiederholungsgefahr?
Humanistischer Pressedienst
Aufruf zur Kindstötung? Bischof Müller siegt vor Gericht
Bayrischer Rundfunk
Gericht weist Klage gegen Bischof Müller ab
Süddeutsche Zeitung
Eine Predigt ist kein Tatsachenbericht
Regensburg digital
Regensburger Gericht weist Klage gegen Bischof Müller ab
Radio VatikanIm Februar 2011 stellt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 24. Februar 2011 fest, dass die Behauptungen des Bischofs im Widerspruch zu Schmidt-Salomons tatsächlichen Veröffentlichungen standen und geeignet waren, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit zu schaden. Da der Bischof seine „Pflicht zur Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit nicht erfüllt“ habe, sei der Philosoph in seinem „Persönlichkeitsrecht verletzt“ worden.
Quelle: schmidt-salomon.de